Sinusitis-News (1) – Mithilfe von Radioaktivität (RTSO) eine chronische Sinusitis heilen?

Mögliche Hoffnung für Langzeitpatienten?

Die Entzündung der Nasennebenhöhlen ist eine der, wenn nicht sogar DIE häufigste Erkrankung, mit der ein Hals-Nasen-Ohren-Facharzt konfrontiert wird. Wird eine solche Sinusitis chronisch, ist (nicht nur) die „klassische Schulmedizin“ vor gewisse Schwierigkeiten bei der Therapie gestellt. Wenn die medikamentöse und sogar (mehrfache) operative Behandlung erfolglos bleiben, verspricht ein relativ neues nuklearmedizinisches Therapieverfahren Abhilfe für Patienten, die bereits seit Monaten oder Jahren an der Erkrankung leiden. Es handelt sich dabei um die Radio-Tympano-Sinu-Orthese (RTSO).

Sinusitis RTSO

Ursprünglich kommt die Behandlungsform aus der Arthritis-Therapie. Vor einigen Jahren wurde das Vorgehen auf die Geschehnisse in den Nasennebenhöhlen übertragen, wenngleich der Bekanntheitsgrad dieser neuen Therapie lange Zeit relativ gering ausfiel. In diesem Jahr ging die RTSO dagegen vermehrt durch die Medizin-Presse.

Was steckt hinter der RTSO?

Bei der RTSO werden radioaktive Partikel (Erbium oder Rhenium) zur Bekämpfung der entzündeten Schleimhaut eingesetzt. Hierfür betäubt der behandelnde Hals-Nasen-Ohren-Arzt im Vorfeld zunächst die Nasenhöhle des Patienten mithilfe eines Sprays. Mit einem kleinen Schlauch wird der Hohlraum anschließend abgesaugt, da das Eingriffsgebiet sauber sein muss. Dieses Vorgehen erklärt, weshalb die RTSO nur für bereits operierte Patienten in Frage kommt. Ohne bereits bestehende Fensterungen, durch die ein idealer Zugang für das Endoskop geschaffen ist, wäre ein Zugang über die gereizten und geschwollenen Kanäle sehr schwierig.

Nun kommt der Nuklearmediziner ins Spiel. Dieser verteilt zwei bis drei Tropfen der radioaktiven Substanz mittels einer kleinen Sonde als Sprühnebel auf die entzündete Schleimhaut. Die radioaktiven Partikel sollen von den kranken Schleimhautzellen aufgenommen werden, wodurch diese teilweise absterben. Im Anschluss entstehe eine neue, gesunde, bindegewebige Wundhaut. Im Ergebnis soll dadurch die Entzündung weichen und die Schwellung abklingen.

Für ein Wochenende wird der Patient in der Klinik beobachtet und danach entlassen. Der Eingriff selbst dauert gerade einmal 10 Minuten. Die halbambulante Therapie sei für Patienten ungefährlich, aufgrund der geringen allgemeinen Strahlenbelastung. Bereits nach ein paar Tagen sei keine Radioaktivität mehr nachzuweisen. Interessierte Patienten können sich an spezialisierte Praxen und nuklearmedizinische Kliniken wenden, in denen die RTSO angeboten wird.

Die Kosten für die Behandlung werden von den Krankenkassen übernommen.

Handelt es sich um eine symptomatische oder um eine ursächliche Therapieform?

Zumeist ist es nicht unwesentlich, ob eine Therapie symptomorientiert oder ursächlich ist, da eine Symptombehandlung erfahrungsgemäß sehr selten zu einer dauerhaften und nachhaltigen Ausheilung der chronischen Erkrankung führt.

Die RTSO stellt eher eine symptomatische Therapie dar, da die Entzündung der Schleimhaut selbst nur eine Folge und keine Ursache kennzeichnet. Eine Reihe an ursächlich wirkenden Therapieformen finden Sie in meinem Sinusitis Heilen Ebook.

Verspricht die RTSO nachhaltigen und dauerhaften Erfolg?

Diese Frage schleißt nahtlos an die vorherige an. Zur Beantwortung der Fragestellung ist es zunächst wichtig zu wissen, dass bislang keine größeren Langzeitstudien vorliegen. In einer Pilotstudie zur RTSO wurden 45 Probanden bis zu 20 Monate nach der Behandlung beobachtet. Bei fast allen Patienten sei eine Verbesserung des Beschwerdebildes zu erkennen gewesen, zumeist über die gesamte Zeitdauer. Allerdings tauchten auch bei einigen Patienten “alte“ Symptome wieder auf. RTSO-Experten gehen gemeinhin von einer Wirksamkeit zwischen Monaten und Jahren aus. Sie sind sich also wohl selbst bewusst, dass eine dauerhafte Heilung mit dieser Therapieform nicht realistisch ist.

Es gilt also festzuhalten, dass zur besseren Bewertung der Wirksamkeit der RTSO größer angelegte Langzeitstudien dringend notwendig wären. Wenn anhand einer Querschnittsstudie mit 45 Probanden von einer bewiesenen Wirksamkeit der RTSO bei chronischer Sinusitis gesprochen wird, ist dies doch etwas zweifelhaft.

Zudem ist ein solches Ersatzgewebe, das bei der RTSO gebildet wird, funktionell wohl nicht gleichzusetzen mit einer intakten, naturgemäßen Schleimhaut. Denken Sie dabei einmal an Narben (ebenfalls Ersatzgewebe). Narbengewebe ist beispielsweise fester, weniger behaart, manchmal gefühllos, teilweise aber auch besonders empfindlich. Es unterscheidet sich schlichtweg vom ursprünglichen Gewebe. Auch wenn ich dies sicherlich nicht abschließend zu beurteilen vermag, ist diese neue Schleimhaut möglicherweise auf Dauer weniger widerstandsfähig und damit anfälliger für Infekte.

Persönliches Fazit

Bei besonderem Interesse für diese Therapie würde ich mich als Betroffener bei entsprechenden Experten informieren und alle aufkommenden Bedenken äußern. Womöglich stellt die RTSO in der Tat eine vielversprechende Therapieform für “austherapierte, bereits operierte Härtefälle“ dar, um die Leiden zumindest kurz- beziehungsweise mittelfristig in den Griff zu bekommen. Möglicherweise auch, um in dieser Zeit dann die eigentlichen Ursachen der Erkrankung anzugehen. Größere Langzeitstudien wären allerdings mehr als wünschenswert. Ich versuche Sie diesbezüglich über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

Im zweiten Artikel der Blog-Reihe „Sinusitis-News“ erfahren Sie von neuen Forschungsansätzen zur Sinusitis. 

5/5 (2)

Wir freuen uns über Ihre Bewertung!